Seite 278-300
H. P. Lovecraft
Stadt ohne Namen
Suhrkamp, Frankfurt/Main (1997)
ISBN 9783518392560

Heute das erste Mal, dass nicht ein Buch im Zentrum eines Hinweises in meinem Blog steht, sondern ein Essay selbst. Für mich scheint das zielführender und konsequenter zu sein, als der Hinweis auf ein Buch voller Primärliteratur mit einem oder zumindest wenigen, untergeordneten sekundärliterarischen Texten. Also…
Der Text sollte doch einiges an Bekanntheit erlangt haben. Dirk W. Mosig wendet darin Leon Festingers kognitive Dissonanztheorie auf die phantastische Literatur an und insbesondere hier auf die Literatur H. P. Lovecrafts.
Der Aufsatz erschien unter dem Originaltitel “Lovecraft: The Dissonance Factor in Imaginative Literature” 1979 in “The Platte Valley Review 7, No. 1 auf Seite 129-144. Dirk W(alter) Mosig widmete sich als Philosoph vor allem 1971 -1979 hauptsächlich Studien zu Lovecraft und wurde zu einem der führenden Lovecraft-Kenner mit unzähligen Veröffentlichungen über ihn. Der vorliegende Aufsatz wurde von Michael Walter in Deutsche übersetzt …
Lovecraft, ein völlig Ungläubiger in Sachen Übernatürliches, schrieb seinen eigenen Typus “übernatürlicher” Erzählungen für Ungläubige, und schaffte es, Dissonanz in Personen auszulösen, die die Geister und Phantome der traditionellen Schauerliteratur kaltgelassen hätten…
Auszug AufsatzDie kognitive Dissonanz bezeichnet in der Sozialpsychologie einen Gefühlszustand, der als unangenehm empfunden wird. Er entsteht, wenn sich zwei kognitive Elemente widersprechen und dadurch eine “Dissonanz” entsteht. Der gegenständliche Aufsatz versucht also diese Dissonanztheorie auf Literatur anzuwenden.
Schlussendlich gelangt Mosig zu sieben Schlussfolgerungen:
- Gruselliteratur wie Lovecraft sie schrieb, hängt in ihrer Wirkung von einer Dissonanz ab, welche in der Durchkreuzung allgemeiner Erwartungen bezüglich Naturgesetzen resultiert.
- In der wirkungsvollen Gruselgeschichte wird diese Abweichung in einem Kontext extremer Wahrscheinlichkeiten präsentiert, um so eine bereitwillige Aufhebung des Zweifels zu erreichen.
- Obwohl die Leser einen “sicheren” Nervenkitzel suchen, reduziert das Zuklappen des Buches und das Betonen des fiktionalen Charakters die Dissonanz nicht restlos, ein Teil bleibt zurück und überdauert.
- Die wirkungsvolle Gruselgeschichte ruft einen Begleiteffekt des Schreckens oder der Furcht hervor, der an die Dissonanz gebunden ist, die aus einer Erwartungszerstörung resultiert, welche entweder die äußere Realität betrifft oder die Vorgeschichte oder Persönlichkeit des Lesers.
- Kennzeichen einer beunruhigenden Geschichte ist, dass sie als entscheidende Reize sowohl Elemente des Bekannten als auch des Unbekannten einschließt.
- Ein oneirischer Autor, dem seine Träume als Dissonanzquelle erscheinen, wird vielleicht versuchen, die Dissonanz zu verringern, indem er seine Träume in Kunst umwandelt und ihnen somit jede objektive Bedeutung abspricht und
- Sowohl als Beobachter menschlichen Verhaltens wie als Philosoph lässt Lovecraft ungewöhnliche Einsicht erkennen, sieht man seine Bemerkungen im Rahmen der Dissonanztheorie.
Mosig schließt:
An dieser Stelle sollte es einleuchten, dass die kognitive Dissonanztheorie einen exzellenten Rahmen abgibt, um die Wirkung bestimmter Werke der phantasticshen Literatur zu untersuchen und zu verstehen, und um manche der literarischen, psychologischen und philosophischen Einsichten eines ihrer Hauptexponenten zu reinterpretieren …
Auszug AufsatzAlles in allem ein interessanter Artikel, der in seiner Wirkung auch stellvertretend für die große Masse der Essays in der Phantastischen Bibliothek Suhrkamp stehen kann …
- H. P. Lovecraft
- Stadt ohne Namen
- Horrorgeschichten
- Suhrkamp, Frankfurt/Main (1997)
- Suhrkamp Taschenbuch 2756
- Phantastische Bibliothek Suhrkamp 346 (auch 52)
- Taschenbuch
- 320 Seiten
- ISBN 9783518392560
Kleinster Preis: € 1,41, größter Preis: € 375,52, Mittelwert: € 12,00
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- keine
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[Artikel] “kognitive Dissonanz in der WIKIPEDIA
Kognitive Dissonanz bezeichnet in der Sozialpsychologie einen als unangenehm empfundenen Gefühlszustand. Er entsteht dadurch, dass ein Mensch unvereinbare Kognitionen hat (Wahrnehmungen, Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche oder Absichten). Kognitionen sind mentale Ereignisse, die mit einer Bewertung verbunden sind. Zwischen diesen Kognitionen können Konflikte („Dissonanzen“) entstehen. …
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[Artikel] Leon Festinger in der WIKIPEDIA
Leon Festinger (* 8. Mai 1919 in New York City; † 11. Februar 1989 ebenda) war ein US-amerikanischer Sozialpsychologe, der hauptsächlich durch seine Theorie der kognitiven Dissonanz, die Theorie des sozialen Vergleichs und seine Experimente bekannt wurde. …
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[Downlaod] Die „Theorie der kognitiven Dissonanz“ – fruchtbar oder obsolet? – von Cornelia Mothes – auf researchgate.net
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