Merlin im Spiegel der Moderne, Karl Hepfer in: Inklings, Band 17 – Phantastische Kinderliteratur, Dieter Petzold (Hrsg.), Brendow, Moers (1999)

Inklings, Band 17, Dieter Petzold (Hrsg.), Brendow, Moers (1999)
Inklings, Band 17, Dieter Petzold (Hrsg.), Brendow, Moers (1999)

In letzter Zeit sind mir einige recht interessante Veröffentlichungen in Verbindung mit dem Zauberer, Seher und Königsratgeber Merlin in die Hände gefallen.

Unteranderem zwei Essays in den bekannten INKLINGS-Jahrbüchern, die ich ohnehin empfehle zu lesen.

In Band 17, Seiten 226-245, lässt uns Karl Hepfer “Merlin im Spiegel der Moderne” betrachten (das zweite Essay, “Merlin: Ein Mythos und seine Aufarbeitung in der filmischen Populärkultur” von Nadia Ghattas und Susanne Kroner, in: Inklngs, Band 18) werde ich zu gegebener Zeit noch rezensieren). Im Vertrauen kein leichtes Unterfangen. Sehr wissenschaftlich und manchmal etwas kryptisch. Aber ich bin ja auch kein Wissenschaftler.

Wichtig für mich schien mir jedenfalls eher das “rundherum”. Woher kommt Merlin literarisch? Warum ist diese Figur im Nebel der Geschichte so verschwommen wahrnehmbar? Ist er eher eine literarische Gestalt oder gibt es auch konkrete Hinweise auf eine historische Figur Merlin?

Wie es oft sonderbar einhergeht, habe ich für meine Recherche zu meinen sekundärliterarischen Vorhaben, die “VITA MERLINI” von Geoffry of Monmouth gesucht und gefunden. Jedoch fand ich keinen wirklichen Einstieg in das Thema, warum auch immer, manchmal ist es eben so. Da kam dieses Essay zufällig gerade recht.

Laut Karl Hepfer, und das nehme ich an ist keine neue Erkenntnis von ihm, ist der Seher und Magier Merlin 1136 erstmalig literarisch fassbar. Diese mittelalterliche Gestalt geistert also seit undenklichen 🙂 Zeiten durch die Köpfe der Menschen. Obwohl es auch für möglich gehalten wird, dass diese Figur bereits auf eine historische Gestalt des 6. Jahrhunderts zurückgeht.

Hepfer vermittelte mir auch, dass man wohl mit der “Prophetiae Merlini” (Ende 1135), welche später in die “Historia regum Britanniae” (1136) eingearbeitet wurde und dort in späterer Zeit als Buch VII weite Verbreitung fand, die Betrachtung beginnen muss. Mit der “Vita Merlini” (zwischen 1148 und 1150) ändert sich die Beschreibung von Merlin etwas.

Zunächst gilt Merlin als Sohn eines Teufels und einer Jungfrau (ein göttliches Zeichen?), wird der Ratgeber der herrschenden Könige Britanniens wie, Ambrosius, Uther und Arthur. Er errichtet Stonehenge in Dalisbury Plain und ist an der Zeugung Arturs verursachend beteiligt.

In der “Vita Merlini” ändert sich das Bild und Merlin wird als Krieger und König dargestellt, der auch als Barde und Druide geschildert wird. Es zieht sich, nach einer Schlacht um den Verstand gekommen, in den Wald zurück und wird als Prophet und Seher beschrieben.

Die erste Erwähnung der Tafelrunde und von Avalon wird 1155 von Wace, der die “Historia regnum Britanniae” ins Französische übersetzt (“Le Roman de Brut“). Allerdings mit Veränderungen aus anderen Quellen. Die Figur Merlins wird eine überaus bekannte Figur im gesamten mittelalterlichen Europa.

Ab hier ist es dann für mich schwierig Hepfer wirklich zu folgen bzw. seine Ausführungen in letzter Konsequenz zu verstehen. Was mich so noch nicht wirklich stört, da ich mit fortschreitender Einarbeitung in das Thema sicher genug Kenntnisse ansammeln kann um dem Essay eine zweite Chance zu geben.

Jedenfalls durchleuchtet Hepfer die Merlin-Geschichte(n) von T.H.White, C.S.Lewis und J.C.Powys. Er ist damit in der Moderne angekommen. Von Ersterem analysiert er “The One and Future King” bzw. “The Book of Merlyn”. Von Zeiterem betrachtet er “That Hideous Strength” bzw. “The Abolition of Man. Ridell Memorial Lectures”. Von Letzterem steht “Porius. A Romance of the Dark Ages” zur Diskussion.

Um jemanden, der den Essay nicht zu fassen bekommt zu helfen, hier das Conclusio von Karl Hepfer:

“… White erzählt mit Witz und Ironie. Allein der erzählerische Trick, Malory vom Standpunkt der Moderne her wiederzugeben, bietet mannigfaltige Möglichkeiten der Ironisierung. Ganz offenkundig ist der Autor in die Sprache verliebt: … […] … C.S.Lewis hingegen erzählt nicht ohne Engagement, aber aus kühler Distanz, mit einer so überquellenden Phantasie, dass man sich als Leser fragt, ob Anleihen bei Olaf Stapledon nötig waren. …[…] … Powys schließlich geht ganz und gar in seinem Roman auf. […] In seiner Merlin-Gestalt, die mit der Wiederkehr des Goldenen Zeitalters verbunden ist, summieren sich alle Elemente einer in einem langen Leben erworbenen Weltanschauung. …” (Auszug Seite 224-245)

Interessiert? Ich kann das Essay jedenfalls empfehlen, es bietet eine Fülle von interessantem Material. Grundsätzlich sei auch die Inklings-Reihe wärmstens ans Herz gelegt. Die Jahrbücher sind immer eine Lesung wert. Hingewiesen sei auch noch aus sekundärliterarischer Sicht auf das “Nachwort: Im Banne Merlins oder Der Prophet und die Romantiker” von Kurt Günzel in: “Geschichte des Zauberers Merlin“, Dorothea und Friedrich Schlegel, Diederichs, Köln (1984), das das Vorliegende wunderbar ergänzt (dazu auch ein andermal).

Die bibliografischen Daten:

Dieter Petzold (Editor)
Inklings, Band 17: Phantastische Kinderliteratur – Zeitgenössische Fantasy und Phantastik, Jahrbuch für Literatur und Asthetik
Brendow, Moers (1999), Taschenbuch, 302 Seiten
ISBN 3870678038

antiquarisch: derzeit vergriffen

Buchverbindungen:
Quelle für (Inhaltsartikel): Geschichte des Zauberers Merlin, Diederichs Eugen, 1984
Rezension von: Hans Steinacker, C. S. Lewis – Leben und Werke, Hänssler-Verlag, 1999
Rezension von: Jorge Luis Borges zur Einführung, Junius Verlag, 1999
Rezension von: Georges Minois;Eva Moldenhauer, Geschichte der Zukunft, Artemis & Winkler, 1998
Rezension von: Gilbert K Chesterton;Ulrich Enderwitz, Ketzer. Eine Verteidigung der Orthodoxie gegen ihre Verächter., Eichborn AG, 1998
Rezension von: Marsmenschen, Reclam, 1997
erwähnt: Frank T. Zumbach;Martin Sulzer-Reichel, Edgar Allan Poe, dtv, 1999

sekundärliterarisch relevanter Inhalt:
1. Wasserräder, Heilquellen und Tauf(ge)wässer / Christiane Bimberg (Autor/in) (35-55)
2. Kiplings Kinder / Stefan Welz (Autor/in) (56-69)
3. Phantastische Räume in Pamela L. Travers’ Mary Poppins / Katharina Hagena (Autor/in) (70-83)
4. Phantasie und innere Heilung / Claas Kazzer (Autor/in) (84-104)
5. Perhaps ist ist only a game: Postmoderne und Phantastik im Kinderbuch / Martina Seifert (Autor/in) (105-137)
6. Phantastik und Gesellschaftskritik im DDR-Kinderbuch / Silke Fokken (Autor/in) (138-155)
7. Merlin im Spiegel der Moderne / Karl Hepfer (Autor/in) (226-245)
8. Besprechungen / Verschiedene (Autor/in) (246-290)
9. Weitere eingegangene Bücher / Verschiedene (Autor/in) (291-294)

in der Online-Bibliothek: https://www.librarything.de/work/19419807/book/140603184

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