Achim Hildebrand ist schuld …

indexNun hat mir die Reihe „Zwielicht“ bis jetzt schon immer gefallen. Die neue Nummer 8 beschäftigt mich jedoch jetzt schon eine ganze Weile. Schuld daran ist Achim Hildebrand – ganz eindeutig.

Sein Artikel „Der Heiler des Bösen“ hat so nach und nach eine Kettenreaktion ausgelöst. So weit, dass ich sogar überlege das Thema „Algernon Blackwood“ in meine eigene Reihe „Treffpunkt Phantastik – Tummelplatz deutschsprachiger Sekundärliteratur“ aufzunehmen.

Achim Hildebrand hat hier ein Essay über insgesamt sechs Kurzgeschichten verfasst, welche im Stile von Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes verfasst wurden. Was auch, wie Hildebrand vermutet, der Grund war, warum Blackwood sie trotz Erfolg nicht weiterführte.
Zu Anfang wollte ich einfach nur wissen, inwieweit Hildebrand ein Essay vorgelegt hat, dass auch bedeutsam für die deutsche Sekundärliteratur zu Blackwood ist.

Algernon_BlackwoodZunächst musste ich jedoch feststellen, dass Algernon Blackwood in der deutschsprachigen Sekundärliteratur anscheinend sehr stiefmütterlich behandelt wird. Ich suchte in meiner Datenbank – und suchte – und suchte – und was ich dabei zutagegefördert wurde, muss man schlicht als unbefriedigend bezeichnen. Ich behaupte nun nicht, dass die Datenbank alles Wissenswerte diesbezüglich beinhaltet. Wenn aber zu einem Thema so absolut nichts relevantes zutage gefördert wird, so gibt mir das zu denken.

Kurz gesagt blieben drei Veröffentlichungen im Rechen der Suche hängen:

1Der Griff aus dem Dunkel. Gespenstergeschichten1.    Kalju Kirde – Nachwort: Algernon Blackwood- Geisterseher und Weltenbummler
in: Algernon Blackwood – Der Griff aus dem Dunkel-Gespenstergeschichten, Suhrkamp, Frankfurt/Main (1979), Taschenbuch, 260 Seiten, Suhrkamp Taschenbuch (st) 518-Phantastische Bibliothek, ISBN 3-518-37018-9,
Seite 249 – 259

1Die Dunkle Seite der Wirklichkeit2.    Michael Koseler – Algernon Blackwood
in: Franz Rottensteiner – Die dunkle Seite der Wirklichkeit-Aufsätze zur Phantastik, Suhrkamp, Frankfurt/Main (1987), Taschenbuch, 278 Seiten, Suhrkamp Taschenbuch (st) 1444-Phantastische Bibliothek, ISBN 3-518-37944-5,
Seite 114 – 143

1Quarber Merkur 088, Jg. __, Nr. __3.    Susanne Smuda – Dem Wunderbaren auf der Spur-Besonderheiten phantastischen Erzählens bei Algernon Blackwood
in: Quarber Merkur, Band 88, Franz Rottensteiners vormals unillustrierte Literaturzeitschrift, Erster Deutscher Fantasy Club e.V. Passau (1999), Magazin A5 Klebebindung, 160 Seiten, ISBN 3-932621-15-8, ISSN 1433-7932
Seite 6 – 26

Ansonsten überall nur kurze Erwähnungen, aber keine fundierten Aussagen zu oder über Blackwood. In Zwielicht 4 findet ebenfalls eine kleine Zusammenfassung seines Lebens und die Vorstellung einiger Werke. Nicht zu vergessen die Präsentation einiger Web-Links zum Thema Blackwood.

Wenn Michael Koseler 1987 schreibt:
” …Das erzählerische Werk Algernon Blackwoods (1869-1951) entbehrt noch immer einer umfassenden, kritischen Gesamtdarstellung. Dieser Befund erstaunt, wenn man bedenkt, dass dieser Autor zu den anerkannten Meistern der englischen Phantastik gezählt wird. …“,
so trifft das fast dreissig Jahre später, zumindest deutschsprachig, noch immer zu.

Das damals ebenfalls geforderte Werkverzeichnis dürfte ja zwischenzeitlich dank Internet auf http://algernonblackwood.org/ und durch die englische WIKIPEDIA zustande gekommen sein. Eine vollständige, ausführliche Bibliographie, in gedruckter Form, habe ich nicht gefunden. Allfällige diesbezügliche Informationen wären sehr willkommen.
Selbst in der WIKIPEDIA ist der deutsche Artikel eher nichtssagend und gegenüber der englischen Version nochmal deutlich verkürzt. Insbesondere das Werkverzeichnis fehlt. Anscheinend gibt es, außer einigen unbedeutenden Biographieversuchen im Internet, keine umfassende, deutschsprachige Biographie von Algernon Blackwood.

Immerhin habe ich eine fremdsprachige Autobiographie, „Episodes Before Thirty“, gefunden. Wenn man sich also fremdsprachig informieren will, gibt es entsprechende Gelegenheiten, wie zum Beispiel auch:

  • (1978) Jack Sullivan: Elegant Nightmares: The English Ghost Story From Le Fanu to Blackwood
  • (1987) Michael Ashley: Algernon Blackwood. A Bio-Bibliography
  • (2001) Michael Ashley: Starlight Man. The Extraordinary Life of Algernon Blackwood/Algernon Blackwood: An Extraordinary Life

Außer den erwähnten Essays in obigen Büchern ist die sekundärliterarische Literatur zu Blackwood im deutschsprachigen Bereich sehr dürftig. Zumindest an den üblichen Erstanlaufstellen für solche Suchen wie Amazon, Wikipedia, Eurobuch oder Deutsche  Nationalbibliothek findet sich kaum Verwertbares.

Allerdings wird Dr. Silence, und der beinhaltende Band, in beiden Lexikoneinträgen, die ich aufgefunden habe, erwähnt. Das wären:

1Das grosse Gespensterlexikon12Das grosse GespensterlexikonPeter Haining – Das große Gespesterlexikon-Geister, Medien und Autoren (A Dictionary of Ghosts (1982),
Econ Verlag, Düsseldorf/Wien (1983), 1. Auflage, gebundene Ausgabe, 320 Seiten, Seiten 27-28
(Leider ging der Umschlag verloren)

13Das grosse GespensterlexikonLizenzausgabe für Gondom Verlag, Bindlach (1996), gebundene Ausgabe, 320 Seiten, Seiten 27-28

Dieses Buch gibt es noch in einer Reihe von weiteren Ausgaben, die ich hier nicht weiter bebildern möchte.

Darüber hinaus gibt es auch noch
1Lexikon der phantastischen LiteraturRein A. Zondergeld – Lexikon der phantastischen Literatur
Suhrkamp Verlag, Stuttgart (1983), 1. Auflage, Taschenbuch, Suhrkamp Taschenbuch (st) 880, Phantastische Bibliothek, 314 Seiten, Seiten 38-39

12Lexikon der phantastischen LiteraturRein A. Zondergeld, Holger E. Wiedenstried
Lexikon der phantastischen Literatur
Weitbrecht Verlag in Thienemanns Verlag, Stuttgart/Wien/Bern (1998), gebundene Ausgabe, 462 Seiten, Seite 49-50

Dabei war das Leben von Blackwood, schenkt man den Zeittafeln im Internet und im Quarber Merkur Glauben nicht so uninteressant. Abenteurer, Schriftsteller, Geheimagent, Radiostar, Arbeit bei der New York Times und Privatsekretär bei James Speyer – und, und und.

Warum also diese Nichtbeachtung? Für mich unerklärlich. Oft und gerne erwähnt und in einer Liga wie Lovecraft spielend verortet, sollte dies doch Anstoß genug sein?

Nun, wie steht es jetzt mit Achim Hildebrands Essay über die Kurzgeschichten zu Dr. Silence? Wie werden diese in der deutschsprachigen Sekundärliteratur bis jetzt behandelt?
Es geht um sechs Kurzgeschichten in denen die Figur des Dr. John Silence und sein Assistent Hubbard die Hauptfiguren abgeben. Sie erschienen in der Kurzgeschichtensammlung John Silence: Physician Extraordinary. Diese wurde in ihrer Gesamtheit noch nicht ins Deutsche übersetzt.

Von der Länge her können die Geschichten aber als Novellen durchgehen und sie bilden daher einen nicht unbeträchtlichen Teil des schöpferischen Werkes Blackwood. Da wären also im Einzelnen:

  • A Psychical Invasion (1908) [dt.: Grif nach der Seele, 1977]
  • Ancient Sorceries (1908) [dt.: à cause du sommeil et à cause des chats, 1974]
  • The Nemesis of Fire (1908) [dt.: Rächendes Feuer, 1993]
  • Secret Worship (1908) [dt.: Noch nicht erschienen]
  • The Camp of the Dog (1908) [dt.: Der Hund im Camp, 2016]
  • A Victim of Higher Space (1914) [dt.: ein Opfer der vierten Dimension, 1982]

Wie man sieht, wurde die Letzte einige Jahre nach den Vorgängern geschrieben, über das Warum kann man, bei Interesse, im Artikel nachlesen.

Die gegenständlichen Geschichten werden, und hier auch nicht alle, im Quarber Merkur, Band 88, nur ganz kurz gestreift. Es wird darauf hingewiesen, dass der Protagonist auf eine authentische Person des Ordens „The Golden Dawn“ (Hermetic Order of the Golden Dawn) zurückgehen soll und in er ersten und vierten Geschichte Rituale des Ordens verarbeitet werden.

Kalju Kirde, in „Der Griff aus dem Dunkel“, erwähnt den „Serienhelden“ im Zusammenhang mit seiner Entstehung. Er vermutet die Figur des Seelenarztes Dr. Hesselius von Joseph Sheridan Le Fanu als Vorbild für Dr. Silence. Die Geschichte „Griff nach der Seele“ wird beispielhaft für die Themenstellung, als Konzentration des Bösen in Behausungen des Menschen, erwähnt. Dies tut auch Konseler in seinem Essay. Dieser konstatiert auch noch im Bezug auf die Serie (siehe Seite 132), dass diese sehr dem „Explikativen“ anhängt und Blackwood durch diesen „Fehler“ sehr viel an „Wirkung“ verschenkt, wobei die Geschichten der Serie diesbezüglich kein Alleinstellungsmerkmal darin erhalten.

Außerdem wird in einer Anmerkung auf die Parallelen und Unterschiede zwischen Silence und Sherlock Holmes hingewiesen. Sowie auch auf die ausserliterarische Präsenz, die Dr. Silence zuteil wurde.
Bei all diesen Anmerkungen ist es also dem Essay von Hildebrand zu verdanken, dass man über die Serie, den Protagonisten und seinem Helfer Einzelheiten erfährt, die in dieser Form anscheinend noch nicht publiziert wurden.
Hildebrand geht auf die Unterschiede zwischen den beiden großen Detektiven ein und macht auch einen Vergleich der beiden Assistenten. Er beleuchtet auch die Unterschiede der Geschichten und macht Aussagen zur Qualität des Geschriebenen. Abschließend fasst er die Geschichten in einer Übersicht mit kurzen Inhaltsangaben und Bibliographien zusammen.

In diesem Sinne erachte ich diesen Essay als sehr wertvoll und alleine dieser Essay rechtfertigt das Erscheinen von Zwielicht 8 – abgesehen natürlich von den wundervollen Stores die zusätzlich diesen Artikel beigleiten. 🙂

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