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Die Sache mit den Proletariern …

Wie schon einige Zeit zuvor angesprochen stellen Paul Ferstl und Thomas Walach in  der Einleitung von Fantasy Studies folgende Frage:

Zitat:“ … Sind nicht  – wenn überhaupt jemand – die Orks das Proletriat Mittelerdes, das nur noch aus seiner Abhängigkeit befreit werden müsste und stattdessen aus der Sicht von kleinbürgerlichen oder aristokratischen Reaktionären verteufelt wird? …

Ich denke, die beiden gehen da mit dem Wort „Proletariat“ etwas zu schmissig (sorgos) um. Siehen wir uns einmal die WIKIPEDIA zu diesem Thema an:

Zitat: „… Das Proletariat (von lateinisch proles ‚die Nachkommenschaft‘) bezeichnete im antiken Rom die gesellschaftliche Schicht der landlosen und lohnabhängigen besitzlosen, aber nicht versklavten Bürger im Stadtstaat, die nicht steuer- und wehrpflichtig waren. Aus dem Lateinischen übernommen, taucht der Begriff im 16. Jahrhundert zuerst in England, später auch in anderen europäischen Ländern auf, wird jedoch erst seit der Französischen Revolution zögernd als Bezeichnung konkret auf den damaligen Vierten Stand (richtiger: auf die unterständischen, keinem der drei Stände angehörigen Schichten) bezogen. Um 1820 spricht Henri de Saint-Simon zum ersten Mal von der Klasse der Proletarier. Seit 1830 wird der Begriff zur Bezeichnung der pauperisierten Unterschichten verwendet, die als Gefahr für die soziale und politische Stabilität angesehen werden. Dies tut z. B. Lorenz von Stein, der die Gefahr im Bedürfnis der eigentums- und bildungslosen Proletarier sieht, „nicht ganz ohne jene Güter zu bleiben, die der Persönlichkeit erst ihren Wert verleihen.“ Etwa seit Mitte des 19. Jahrhunderts findet der Begriff vorzugsweise Anwendung auf die infolge der Industriellen Revolution entstandene Industriearbeiterschaft. Nach Karl Marx sind Proletarier Menschen, die nichts anderes besitzen als ihre Arbeitskraft, die also allein durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft ihren überwiegenden Lebensunterhalt erzielen können. …

Kann man also davon sprechen, dass die Orks das Proletariat von Mittelerde darstellen?
Meiner Meinung nach sicher nicht im Sinne der antik-römischen Begrifflichkeit. Und im Sinne von Marx? Sind Orks, selbst im übertragenen Sinne Wesen, die nichts anderes besitzen als ihre Arbeitskraft, die also allein durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft ihren überwiegenden Lebensunterhalt erzielen können?

Orks sind gezüchtete Geschöpfe – man könnte bei Teilen des Vokes (Uruk-hai) sogar sagen Androiden (zumindest nach dem Film) – die jedoch durchaus, jedenfalls in den Zwischenphasen zu eigenständigen, geplanten Handlungen fähig waren. Sie wurden auch nicht von den übrigen Völkern von Mittelerde ausgebeutet und/oder versklavt. Im Gegenteil, waren sie es doch, die für alle eine fast ständige Gefahr darstellten.

In Grunde genommen waren sie ja befreit, nachdem Melkor gefangen gesetzt worden war. Ich kann jedoch nicht feststellen, dass es danach zu einem Wandel in der grundsätzlichen Haltung der Orks gekommen wäre. Wie auch – ihr Verhalten und ihre Veranlagung war ja (künstlich) in ihnen verankert. So sind meines Erachtens Überlegungen zu einer „Befreiung“ der Orks als Proletarier von Mittelerde vergebene Liebesmühe. Orks sind keine Proletarier Mittelerdes – denn

Orks sind Orks sind Orks

Aber schlussendlich denke ich, dass diese Frage von Ferstl/Walach auch eher eine retorische Provokation dargestellt hat, die hiermit Reaktion hervorgebracht hat. Diskussion durchaus erwünscht …

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