J.R.R. Tolkiens Sohn offenbar sexuell missbraucht – relevant?

Anscheinend gibt es derzeit einige von mir angesprochene Themen, die besonders kritisch hinterfragt werden. Wieder stieß ein geteilter Artikel auf einige, eher negative,  Resonanz.

Diesmaliger Anlass ist ein von mir auf Facebook geteilter Artikel des Spiegel-online:

tolkienSohn des „Herr der Ringe“-Schöpfers John Tolkien als Kind offenbar selbst sexuell missbraucht.

Eine der Reaktionen war, anzumerken, ob es nicht besser sei diesen unerfreulichen Artikel NICHT zu bringen. Genauer: „Ob es angebracht sei, die schmutzige Wäsche der Familie [Tolkien] online zu bringen?“

Gute Frage. Ich selbst habe mir diese Frage, vor der Weiterleitung des Artikels, ebenfalls gestellt. Der gebrachte Artikel ist ja schon am 28.4.2019 auf Spiegel-online erschienen und ich selbst musste ihn zunächst sacken lassen.

Bringen? Nicht bringen? – Mit Kommentar? Kommentarlos?

In gewisser Weise habe ich den Artikel mit Schmerzen gelesen. Abgesehen davon, dass mir diese Vorwürfe neu waren, fühlten sie sich auch an, als ob so etwas wie eine Lästerung stattgefunden hat. Er impliziert ja unausgesprochen, dass Tolkien (der Vater) selbst davon Kenntnis gehabt haben musste. Hatte er?

Der Artikel besagt, dass der im Verdacht des Kindesmissbrauch stehende, älteste Sohn John Tolkien, selbst von Freunden des Vaters, in den 20er-Jahren, missbraucht worden war. In einer dem „Observer“ vorliegenden Audio-Aufnahme eines Gesprächs zwischen John Tolkien und einem seiner mutmaßlichen Opfer lässt dies der Priester erkennen. Dem 2003 verstorbenen John Tolkien konnte die ihm zur Last gelegte Tat nie nachgewiesen werden. Ist sein Missbrauch noch nachzuweisen?

Nun, jedenfalls für alle Betroffenen eine unerfreuliche und bedrückende Situation und ja, Schmutzwäsche, wenn man so will. Alle direkt Betroffene sind tot, die wahren Geschehnisse wird man wohl kaum noch jemals rekonstruieren können.

Ist also der Artikel relevant für Freunde J.R.R. Tokien, für Liebhaber des Hobbits und dem Herr der Ringe? Oder sollte man diesen, und die auslösenden Artikel unter den Tisch fallen lassen und das Andenken des Schriftstellers ungetrübt halten?

Ich habe eigentlich lange gebraucht, genau eine Woche, um mir darüber im Klaren zu werden. Daher meine erste Antwort dann auf Facebook:

JA, ich verstehe was du meinst, aber ich habe auch lange überlegt ob ich die Artikel bringen soll. Schlussendlich war ausschlaggebend, dass der Artikel vom Spiegel ja schon online war und dass man auch die Schattenseiten nicht unter den Teppich kehren darf – insbesondere wenn es um Missbrauch, im Speziellen um Kindesmissbrauch geht …“

Aber auch darüber hinaus gibt es noch andere Gründe (für mich) diesen Artikel zu teilen.

In sehr vielen Biographien, wenn nicht allen, wird immer darauf hingewiesen, welche Rolle die Kinder Tolkiens für ihn spielten. Sie waren gewissermaßen für einen Teil seines literarischen Schaffens nicht unwesentlich und es wird immer der Eindruck erzeugt, dass es keine gröberen Probleme und Verwerfungen in den Biographien der Kinder in deren Kindheit gegeben hätte. John war sozusagen der Auslöser für die „Briefe vom Weihnachtsmann“ und er und seine Geschwister waren das „Probepublikum“ zum Hobbit. Die Kindheit schien alles in allem eine Gute zu sein. Scheinbar?

Bei aller Liebe zu seinen Werken und aller Bewunderung und Hochachtung vor seinem Werk ist es für mich aber doch von Belang ob John, dem der sehr ernste Vorwurf des Kindermissbrauchs gemacht wurde, selbst von Freunden des Vaters missbraucht wurde. Es wirft einfach ein anderes Bild an die Wand der historischen Betrachtung. Und dies ist neben dem oben genannten ein Grund diesen Artikel des Spiegels weiterzuverbreiten. Das Klima ist ein anderes, ein raueres, ein nicht so glattes. Schatten werden geworfen und es gilt mehr „Mensch“ zu beachten und bedenken.

Auch auf die „Freunde“ und Kollegen Tolkiens sollte man somit ein strengeres Auge werfen. Es fielen meines Wissens keinen Namen in diesem aufgenommenen Gespräch, aber die Freunde Tolkiens und seine Kollegen sind ja nicht Legionen. Sie alle stünden damit unter Verdacht Kinderschänder zu sein. Soll man versuchen dies aufzuklären? Kann/Könnte man dies überhaupt noch aufklären? Oder schwebt dieser Vorwurf jetzt allezeit über Tolkien und seine Freunde?

Ich denke, dass der Spiegel solche Artikel nicht leichtfertig veröffentlicht und sowohl „The Guardinan“ als auch „Birmingham live“ sich sehr wohl bewusst sind, wem sie da unter Umständen Kindesmissbrauch vorwerfen.

Es gibt hier sehr viele Fragen, die sich mit diesen Artikeln aufwerfen und eine Beantwortung dieser Fragen würde einiges an den Bildern von J.R.R. Tolkien, seiner Familie, seinen Freunden und Kollegen ändern. Aus dienen Gründen habe ich mich dann doch entschlossen den Artikel zu teilen.

War dies relevant? Was denkt ihr darüber?

Euer

Thomas Sebesta

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